Eins

Es regnet. Die Straßen werden naß, und die Sonne scheint nicht mehr. Ich liege im Bett, ich liege im Bett und träume. Ich träume von ihr, von dem Mädchen, das ich liebte. Nun liebe ich sie nicht mehr. Sie war so schön, so wunderbar und unbeschreiblich hübsch, so hübsch, daß es mir nicht leichtfällt, sie zu vergessen. Nein, vergessen werde ich sie wohl nie, aber ich sollte mich zwingen, nicht an sie zu denken. Es wäre für mich das beste. Ich sehe sie noch oft, sehr oft sogar. Ich sehe sie vor mir, auf den Fotos, die ich von ihr gemacht habe, und die jetzt ein Flair von Traurigkeit in sich bergen. Es gibt Augenblicke, in denen ich nicht einmal denke, daß ich sie gern mochte oder sie sogar liebte, aber diese Augenblicke – sie sind so unscheinbar kurz, daß es im Vergleich zu den Augenblicken, in denen ich an sie denke, gar nicht ins Gewicht fallen. Es existiert so unwahrscheinlich viel, was mich an sie erinnert, was schmerzt, aber dennoch mir ein Gefühl gibt, welches ich nicht missen möchte: das Gefühl der Liebe. Auch wenn dieses Gefühl für immer zwischen uns verloren ist, das Wort der Liebe ist zu mächtig für mich, und ich denke auch für sie ist es das, als daß es, was zwischen uns war, ungeschehen gemacht werden könnte.

Mir gefällt es nicht, das, was ich im Moment in mir berge, es macht mir Angst. Es macht mich anfällig für äußere Eindrücke, denen ich vielleicht nicht gewachsen bin. Ich mache meine Augen vor dem zu, was sich in mir regt. Mein Handeln bestimmt mein Denken, obwohl es in mir sich dagegen sträubt und in meine Gedanken die falsche Worte flüstert. Es flüstert, daß ich mich unlogisch und nur von meinen Gefühlen geleitet verhalten soll. Doch ich kann es nicht, denn ich habe mich schon in diese Situation eingelebt, in der ich mich nur nach logischen Verhaltensmustern richte. Mein Mund versuchte schon oft, Worte zu formen, die ich in meinem Geist verloren glaubte, doch sie gelangten dann nur zögernd und sehr schwer über meine Lippen. Die Worte der Liebe.

Es regnet noch immer, und die Sonne hat vergessen, daß sie die Welt wieder erleuchten muß, mit ihren warmen und erhellenden Strahlen. Meine Lippen formen Worte, die von meinen Gefühlen geleitet werden: »Ich liebe Dich.« Ich dachte, diese Worte würden niemals mehr über meine Lippen kommen, ich dachte, ich liebte sie mal und das sei nun vorüber, doch ich täusche mich. Ich weiß jetzt nicht mehr, was gut und was schlecht ist. Ist diese Liebe vielleicht ein Gespinst meiner dunklen Gedanken, die in mir ihr Unwesen treiben und mich nur necken wollen? Ich bin mit mir selbst zerstritten.

Es ist Nacht, und die Straßen sind naß, die Sonne deutet sich noch nicht einmal am Horizont an. Es scheint, als bliebe die Finsternis länger als gewöhnlich.